Die Wahrheit über Yordan Kamdzhalov……………………..

…………………………………………….die darf und kann ich hier nicht erzählen.

Das ist auch gar nicht nötig, denn es gibt einen wunderbaren Film darüber: “ Wie im Himmel“. Da wird alles gezeigt. Aber wie immer: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind wie immer ausgeschlossen. Wenigstens das Träumen und Phantasieren ist zur Zeit in Heidelberg noch erlaubt – hoffe ich.

Was hat das jetzt mit Michael Schneider und dieser Seite zu tun ?  In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts schlugen Rocker einen Passanten in Lüneburg mit Ketten in der Fussgängerzone zusammen und alle Passsanten schauten zu. Dieses Bild hat mich nicht mehr losgelassen und es begegnet mir täglich mit Bildern aus aller Welt. Dann stelle ich mir die Frage, wie ich mich verhalten würde. Ich bin Musiker, ich brauche meine Finger um mein Geld zu verdienen – und nicht nur das. Will ich sie für die Freiheit opfern, wie viele Menschen es andernorts tun ? Dagegen war es leicht, sich für die Musik zu entscheiden, sei es die Entscheidung für den Kontrabass oder das neue Bass Studium Anfang der Neunziger Jahre bei Francois Rabbath – gegen das jeweils vorherrschende Mainstream Denken.

Aber wie verhalte ich mich, wenn ein Mob mich verfolgt – wie in dem Stück „Tancas Serradas“ von Osvaldo Golijov ? Mich durch die Strassen jagt, aufgebracht…………………….! Wie verhalte ich mich, wenn dieser Mob versucht, mir meine Aura zu nehmen ? Durch Ignorieren, Verleugnen, vielleicht auch durch Lügen und das ganze Handwerkszeug aus diesem Metier ?

Mein Ruf ist schon der schlechteste, ich bezeichne mich immer wieder als “ Musikbeamter“- der ich nicht bin – aber der kann sich darauf verlassen, dass er sein Geld bekommt im Gegensatz zu freischaffenden Musikern, der ich fünfzehn Jahre lang auch war.

Michael H. Kater . Die missbrauchte Muse. Musiker und Komponisten im Dritten Reich. Europa Verlag,

Music And Nazism – Art under Tyranny, 1933-1945 ( Edited by Michael H. Kater and Albrecht Riethmüller), Laaber Verlag.

Nicht nur diese beiden Bücher zeigen mir, dass die Sache ganz anders aussieht, wenn man – also auch : Musiker – auf der Seite der Machthaber tätig ist. Die ganz grosse Klappe und viel Wagemut ist angesagt, denn es kostet nichts und bringt Bedeutung und Wichtigkeit.

 

Yordan Kamdzhalov verlässt Heidelberg – internationale Verpflichtungen rufen ihn. Michael Schneider wünscht ihm noch mehr Erfolg

Michael Schneider bedauert diesen schnellen Fortgang ausserordentlich. Yordan Kamdzhalov verirrte sich im Februar 2013 in ein Konzert mit Michael Schneider. Der spielte Bach auf dem Cello, mal richtig aber dann auch wieder sehr fremd. Für Klassiker: befremdlich, denn die trauen sich nicht, die Bachsuiten sozusagen hemmungslos zu spielen. Nach dem Konzert, das gemeinsam mit arkestra convolt der Cellomusik Johann Sebastian Bachs gewidmet war, erhielt der Cellist eine Mail von Yordan Kamdzhalov:

Mein lieber Herr Schneider,
also, das, was ich gerade mit Ihnen und Ihren Freunden erlebt habe, habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet, es übertraf alle meine Erwartungen. Diese Freiheit, diese Spontanität, Authentizität  und Kreativität sind so berührend und sind so ein Luxus und Rarität in dem regulären Konzertleben heutzutage. Ich hatte immer Sehnsucht nach so etwas.
Das, dass  Sie sich so am Cello entfalten können, habe ich genauso nicht erwartet. Ich habe so viele  für mich neue Facetten in Ihrer Psyche und ihrem Leben miterlebt.
Ich bin ab heute Fan Ihres Ensembles und freue mich weitere ähnliche Ereignisse zu erleben.
Ihr
Kamdzhalov
Yordan Kamdzhalov
General Music Director of the City of Heidelberg   22.2.2013
Es war auch schnell abzusehen, dass der junge GMD hier nicht lange bleiben würde, denn das, wovon er in seiner Mail spricht, das ist auch seine eigene Sehnsucht. Viele Orchester sehnen sich nach einer solchen Freiheit und bekommen sie nicht. Und dass er ein grosser Musiker ist, das spiegelt die internationale Presse.

Mario Venzago ist auch nur zwei Jahre geblieben. Dann zog es ihn in die große weite Welt. Einen kleinen Hauch von seinem Weltruhm konnten wir Heidelberger wenigstens noch erhaschen, indem wir Ihn als unseren Ehrendirigenten teilweise zurückgewinnen konnten.

Ob uns das bei Yordan auch gelingen wird? Als unser Ehrendirigent könnten wir teilhaben an seinem Ruhm ?

Ein kleiner Gedankensprung und ich bin bei meiner Mutter gelandet. Sie war auch Koch Lehrerin. Sie war verheiratet mit meinem Vater. Mein Vater mochte Bratkartoffeln. Um es kurz zu machen: also sehr deutsches Essen.
Als Koch Lehrerin war sie sehr interessiert an internationaler Küche. Also jetzt nicht internationale Bratkartoffeln, seien es jetzt Pommes oder was auch immer. Ich, sein Sohn war da ganz anders gestrickt. Ich war neugierig auf alles was mir von meiner Mutter kulinarisch aus aller Welt geboten wurde.
Könnte es sein, dass ich dort die Wurzeln meiner inneren Freiheit erfahren habe?
Dabei war mein Vater in der Musik keineswegs ein Bratkartoffelngenießer.
So habe ich von meinen Eltern die Lust auf Freiheit und Großzügigkeit erlernt.
Als ich mit 14 Jahren meinem Vater mitteilte, dass wir einen Kontrabass in unserer Band benötigen, da lud er mich ein es selbst zu erlernen, dann würde ich immer gebraucht.

Es hat mir sehr geholfen, wenn auch nicht zu Internationalem Ruhm.
Um so mehr freue ich mich jetzt für Yordan Kamdzhalov.
Steht jetzt zu befürchten, dass sich viele Musiker aus dem Philharmonischen Orchester umbringen?
Weil sie in einem Philharmonischen Orchester ohne Yordan Kamdzhalov nicht leben möchten ? Müssen die jetzt verzweifelt versuchen, lebend das nächste Konzert trotz anderer Dirigenten zu erreichen?

Der Winter könnte wieder lang und kalt werden, aber zwei Opern Produktionen und mindestens drei Sinfoniekonzerte dürfen wir noch mit diesem Jahrhundertdirigenten erleben. Wenig ist nicht viel und nicht alles. Aber fünfmal darf ich als Heidelberger Philharmoniker noch im Sonnenstrahl einer Jahrhundert Sonne mich  erstrahlen lassen. Und das auch im anstehenden Winter.

So schließe ich meine Bemerkungen mit einem Zitat von Michael Ende:
Zu irgendetwas dient jeder in dieser Welt, auch wenn man ihn oft für entbehrlich hält.

Nota Bene:
Die Idee mit dem Selbstmordgedanken hat mir Joachim Lottmann gegeben.
In seinem Roman “ Zombie Nation “ schreibt er:
„Nach 1945 sind in Deutschland noch viele Menschen gestorben, weil sie sich nicht vorstellen konnten in einem Deutschland ohne Nazis zu leben.“