Play Bach in der Bergkirche. Ein einmaliges Ereignis im Schatten vieler Leuchttürme. Liegt Böhmen am Meer – hat schon Ingeborg Bachmann in einem Gedicht gefragt. Heute um 20 Uhr in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach.

Heute ist es soweit: Das einmalige Ereignis dürfen Sie wörtlich nehmen. Samstag folgt dann um 10.30 eine Wiederholung in der Stiftskirche Mosbach.
Dann hat Paulina Tyszka keine Zeit mehr für Heidelberg.
Die Bergkirche Schlierbach ist besonders in finanzieller Hinsicht kein Leuchtturm. Aber Paulina will ( muss ? ) auch leben.
Michael Schneider sieht das ein und freut sich für sie, dass Paulina in Frankfurt ihre finanziellen Grundlagen gefunden hat.
Die Cello Suiten von Johann Sebastian Bach: Kann man dazu singen ? – wurde ich gefragt. Ich sagte, das wüsste ich auch nicht, obwohl ich “ Play Bach “ inzwischen mehrfach mit Paulina konzertiert habe.
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Genssler Saiten : Sie sollten Hammer Saiten heissen. Sie sind der Hammer. Michael Schneider spielt Cello “ fast “ ohne Kolophonium, die Cellosuiten sowieso ohne Staub, dafür sehr lebendig.

Es begab sich zu der Zeit, als in der Bergkirche Schlierbach am 12. Mai Werke von Olga Magidenko aufgeführt wurden.
Für dieses Konzert begaben sich einige Interessierte auf den Weg, teilweise sehr langen Weg, um diese Musik zu erleben.
Darunter war ein Cellist, der die von mir so gepriesenen Genssler Saiten für Cello und Kontrabass erleben wollte.
Er durfte sogar auf meinem Gorilla Cello ( von Geigenbaumeister Matthias Kohl vor einem Jahr fertiggestellt ) spielen, ebenso auf dem Genssler-Saiten Bass von Walter Pfundstein.
Zwei interessante Bemerkungen kamen Michael Schneider zu Ohren:
Mein Gorilla Cello: “ Ich muss drücken um einen Ton herauszubekommen „.
Michael Schneider antwortet: Ich brauche kein Kolophonium weil ich nicht drücke, ich spiele mit dem Armgewicht. Ich nehme das Cello, lasse meinen Arm darauf fallen und ohne Druck legt mein Gorilla Instrument los. Sie wissen, dass Gorillas wunderbar anmutige Wesen sind. So erlebe ich es selbst täglich: Schnelle Antwort auf meine Fragen, kein Zerren, kein Drücken um eine Antwort zu erhalten.
Die Kontrabass-Bogen Frage beantwortet der Cellist bei Walters Bass sofort selbst: “ Bei diesen Saiten brauche ich keinen Kontrabass Bogen.“

Dieser Gorilla-Genssler Sound ist am 2. und 3. Juni zu erleben.
Am 2. Juni um 20 Uhr spielt Michael Schneider gemeinsam mit der Gesangskünstlerin Paulina Tyszka drei Bachsuiten, die sie singend-improvisierend begleitet und umrahmt.
Am 3. Juni wiederholen wir im “ Konzert zur Marktzeit “ in der Stiftskirche Mosbach um 10.30 das Programm, hier aber nur mit zwei Bachsuiten.

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Play Bach – Paulina Tyszka – Michael Schneider

Querklang am Berghang, Evangelische Bergkirche am 2. Juni um 20 Uhr. Die Suiten I – III.
Musik zur Marktzeit am 3.6.2017 um 10.30 Uhr Stiftskirche Mosbach.
Die Cello Suiten Nr. 1 G-Dur und Nr. 3 C-Dur im Dialog mit Stimme und Violoncello.
Paulina Tyszka – Gesang, Michael Schneider – Violoncello

Als Pablo Casals die Cello Suiten von Johann Sebastian Bach 1890 in einem Antiquariat entdeckte, da ließ er sich zehn Jahre Zeit bevor er diese Werke zum ersten Mal öffentlich aufführte.
Der Kontrabass Virtuose Francois Rabbath beschäftigte sich 40 Jahre mit den Bach Suiten um sie in der originalen Tonlage auf dem Kontrabass zu spielen und entwickelte dafür eine ganz neue phänomenale Technik. Vor fünf Jahren veröffentlichte er dann eine CD mit allen sechs Cello Suiten.
Das Klassik-Jazz Trio von Jacques Louissier sollte 1959 im französischen Fernsehen live Musik von Bach spielen. Die Besetzung bestand aus Klavier, Kontrabass und Schlagzeug. Wie sollte man diese Musik nennen? Francois Rabbath kam auf die Idee und gab ihr den Namen: Play Bach.
Die Musik von Johann Sebastian Bach ist so lebendig geblieben, weil sie nicht auf eine Aufführungspraxis beschränkt oder fest gelegt ist. Es ist ein Phänomen, dass diese Musik sich besonders dazu eignet mit ihr und um sie herum zu spielen.
Das wurde Michael Schneider sofort klar, als er Paulina Tyszka in Darmstadt bei einem Konzert für neue Musik hörte. Besonders beeindruckend war für ihn die Improvisations Kunst dieser jungen Sängerin, bei der jede Wendung, jede neue Idee und jeder Impuls so selbstverständlich wirken, wie Neue Musik selten ist.

Neue Musik: manchmal, nein: oft anstrengend und bemüht mit einem Mangel an Leichtigkeit. Paulina Tyszka beherrscht die Kunst der Improvisation auf eine Art, die uns glauben lässt: so steht es geschrieben. In den Noten. Das, so etwas kann nicht frei erfunden sein. Und genau an diesem Punkt trifft die Moderne, die Neue Musik, die Avantgarde uns in das Herz, berührt uns dort, wo wir blockiert sind gegenüber dem Fremden und Unbekannten, dem überraschend Neuen.
Michael Schneider hat in Paulina Tyszka und seinem neuen ( Matthias ) Kohl Cello die Partner gefunden, die seiner Klangsprache adäquat antworten können. In diesem Konzert hilft die wunderbare Cello Musik von Johann Sebastian Bach dabei, diese Metamorphose in die Tat umzusetzen: die Musik von Bach wird durch die kongenialen Improvisationen dieser begnadeten Sängerin noch einmal in eine andere und völlig neue Dimension katapultiert.

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Paulina Tyszka

Mit dabei sind die wunderbaren Gold Label Saiten von Gerold Genssler, ohne die Michael Schneider diese Spielfreude für die Bachsuiten kaum erleben könnte.

Die 13. Bachsuite von Olga Magidenko. Noch gibt es sie nicht. Aber diese Komponistin will es wissen. Weiss sie mehr als wir, die Musiker und mehr als alle Musikwissenschaftler ?

Haben wir etwas verpasst ? Hat Bach noch viel mehr Cello Suiten komponiert als wir bisher wussten?
Darum geht es hier: hat die Musikwissenschaft geschlafen?
Deutschlands schlechtester Solokontrabassist – aus der Sicht seiner ehemaligen Kollegen vom Philharmonischen Orchester Heidelberg – lässt sich durch Borniertheit nicht den Wind aus den Segeln nehmen. Dann spielt er eben Cello, Kontrabass auch noch und auch auf dem Bass weiterhin Uraufführungen.
Aber jetzt kommt die Zeit der Musik für das Cello. Eine Bachsuite von Olga Magidenko ist komponiert und Michael Schneider steht in der Pflicht und übt – Cello.
Da steht schon eine weitere Uraufführung im Raum: Die 13. Cellosuite.
Wie kommt die Komponistin Olga Magidenko auf die magische Zahl dreizehn ?

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“ Ich will die 13. Bachsuite komponieren “ sprach Olga und Michael Schneider wunderte sich ? 13 ? Wieso ?
Das war meine eigene Rechnung: 6 von Bach, 3 von Reger, 2 von Britten, 1 von Magidenko. Das macht zusammen: 12.
Ergo: Die zweite Suite für Cello Solo von Olga Magidenko ist dann die 13.
Olga weiss auch noch mehr: Die Uraufführung soll an einem Freitag den 13 stattfinden.
Hilfe, wann ist der nächste 13. ein Freitag ? Soviel kann Michael Schneider nicht üben. Er braucht dringend einen Assistenten.

Olga Magidenko , ihre Komposition “ Erinnerung “ für Harfe, Violoncello und Kontrabass. Die Kulmination Neuer Musik auf unendlich vielen Saiten. Zählen Sie mit am Freitag den 12. Mai 2017 um 20 Uhr in der Bergkirche Schlierbach.

Wie ? Sie wissen nicht, wie viele Saiten eine Harfe, Cello und Kontrabass zusammen haben ?
Ich weiss es auch nicht. Kommen Sie in die Evangelische Bergkirche am Freitag den 12. Mai 2017 um 20 Uhr und zählen Sie nach. Mal wieder bis hundert zählen. Wann haben Sie das zuletzt geschafft ?
N.B.: Im PHV bei den Flüchtlingen wäre das eine grosse Leistung.
Ramona Römer ist die Solistin in diesem Lieblingswerk der Komponistin Olga Magidenko.
Das richtige Solo für Ramona Römer beginnt aber mit der Harfensonate von Olga Magidenko.

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Geniessen Sie die Begeisterung dieser jungen Harfenistin: Andere haben sich bedankt für die Ehre, diese Werke aufführen zu dürfen, verweigerten aber den Übeaufwand. Ohne Üben geht es besonders bei Olga Magidenko nicht.

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Olga erklärt ihre Musik ( siehe Beweisphoto ) und die Harfenistin Ramona weiss zu schätzen, was selten vorkommt: Eine Komponistin weiss ganz genau, was sie will und was sie wie geschrieben hat.
Wir, die anderen Mitspieler geniessen die Ehre aus allererster Hand die Intentionen der Komponistin zu erfahren.
Die anderen Musiker sind:
Dr. Shamali Sen, Sprecher
Claus Rosenfelder, Klarinette
Michael Schneider, Violoncello, Gitarre
Walter Pfundstein, Kontrabass

Johann Sebastian Bach – der Ewige nach Gott und dem Universum. Das Menuett II der ersten Cello Suite: Die genialste Etüde für Anfänger in der ersten Cello Stunde um das Pivot und den Krabbengang zu lernen. Ergo: Unterricht bei Michael Schneider.

Etüden? Wofür ?
Michael Schneider bevorzugt Musik. Die Musik von Johann Sebastian Bach. Sie hat mich fünfzig Jahre begleitet, ist nie langweilig oder schlecht geworden.
Heute, in einer Unterrichtsstunde wurde mir klar: Wofür Etüden schreiben ? Seitenlang, endlos und schwierig, oft changierend zwischen vielen Tonarten, immer das gleiche Problem wiederholend mit suggerierender Wichtigkeit. “ Arbeitsbeschaffung “ – nenne ich das. Vollbeschäftigung um das Erlernen des Cellos schwer zu machen. So wie Klavierlehrer in vielen Generationen die Fingersätze auf dem Klavier sinnlos unsinnig und schwer gemacht haben um bürgerlichen Töchtern den Erfolg zu verweigern. So kommen mir die meterdicken Etüden vor. Für Cello und Kontrabass. Jetzt gibt es ein Heilmittel: Die Rabbath Technik. Aber so wie die Pharmaindustrie alternative Medizin blockiert und bekämpft, so sind auch die Musikpädagogen konservativ eingestellt: Bach als Etüde und Musik ? Das ist ein Sakrileg. Aber nicht für den Schüler: Sofort ein Konzertmeister, aber mindestens Kammermusiker ab der ersten Stunde.
Im Kontrabass Unterricht haben mich immer wieder angehende Pubertisten gefragt: “ Diese Etüden sind so langweilig, gibt es nichts besseres ? “ Das waren noch die Unterrichts Zeiten mit Simandl auf dem Kontrabass. Beim Cello gähnte es mir ähnlich entgegen.
Mit Bach sind Lehrer wie Schüler permanent bester Laune.
Jetzt sind wir beim Titel angekommen: Johann Sebastian Bach und das zweite Menuett der G-Dur Suite.

Dieses Menuett ist eine Etüde par excellance um den Wechsel zwischen erster und gewöhnlicher Lage zu lernen/üben. Mit dem Pivot und dem Krabbengang.

Jetzt steht Michael Schneider wieder hier in seinem Gehirn herum und überlegt, wie er in Worten beschreiben kann, was der persönliche Unterricht klar vor Augen führt.

Ein – weiterer – Versuch:
Das Pivot bezeichnet die Lagenwechsel-Verweigerung – auf Deutsch: Faulheit sich zu bewegen. Das Ziel ist aber nicht die Faulheit, sondern die elegante Treffsicherheit ohne den Handkantenschlag eines Lagenwechsels. Statt Lagenwechsel also eine gleitend-fliegende Bewegung die den an seiner Position verbleibenden Daumen als Drehpunkt benutzt. Der Daumen bleibt, während die Hand ohne Verspannung dorthin geflogen !!! wird wo der entsprechende Finger landen soll.
Ein Sprung vom Es zum D auf der D-Saite wird somit nicht mit einem weiten Griff ausgeführt – der unweigerlich die Verspannung der linken Hand folgt – sondern die Hand bleibt so entspannt wie sie sich in der ersten Lage für vier Halbtöne verhält. Dann wird vom Es die Hand ohne Veränderung einen halben Ton auf das G geschoben. Dabei ist immer der jeweilige Finger der den neuen Ton greifen soll in der Luft und fliegt wie eine Sternschnuppe zu seinem Ziel.

Für diejenigen, die es genauer wissen möchten folgen hier die Noten mit meinen Fingersätzen und Zeichenerklärungen.

Bach - Menuett II

Johann Sebastian Bach und das Präludium der ersten Cello Suite G-Dur. Von Null auf Hundert: in 12 Wochen im Unterricht von Michael Schneider.

Ein Familienvater will es wissen. Das Cello hat es ihm angetan, ebenso wie die Webseite von Michael Schneider. Also landet er auch bei ihm.
Die zweite Stunde beginnt nach einer Tonleiter mit dem ersten Bachpräludium. Michael Schneider hat keine Lust auf Etüden, die meisten Schüler ebenfalls nicht. Also überspringen wir das und gehen gleich in Medias Res. Die erste Stunde reicht bis einschliesslich des dritten Taktes: Michael Schneider rechnet vor: das Präludium hat 42 Takte. Also soviel wie das offizielle Schuljahr Wochenstunden hat. 42 geteilt durch drei ? Das macht ungefähr 14. Somit kann dieser Familienvater bei gleichbleibendem Tempo – jede Woche drei Takte – in 14 Wochen das Präludium spielen.
Mindestens theoretisch. Dann kommt noch die Praxis und der Alltag hinzu. Vielleicht noch eine Grippe oder Ferien liegen noch dazwischen. Das ist dann die Praxis. Jetzt könnte noch eine Konfirmation, bzw. Kommunion für Unterbrechung sorgen.
Aber dennoch: 14 Wochen wären machbar.

Dabei inbegriffen ist das neue Verständnis für und über die Rabbath Technik auf dem Cello.
Kaum herkömmliche Lagenwechsel sondern Pivot, Krabbengang sowie der versteckte Krabbengang – die Kombination der Finger mit dem Daumen hinter dem Hals um höhere entferntere Töne zu erreichen. Dabei lernt der Schüler schon in den ersten Stunden, dass das Drücken der Finger und des Daumens nicht dem Zerquetschen des Halses dient, sondern ganz anders bei der Rabbath Technik ist der Daumen mehr ein Haltepunkt – Pivot: Drehscharnier. Die Finger immer schön rund gekrümmt hängen sich an das Griffbrett. Hat der Schüler das einmal verstanden, dann kostet das „ Drücken „ der Töne auch keine Kraft mehr.
Der Krabbengang führt auch sehr schnell zu einer lockeren Unabhängigkeit der Finger der linken Hand.
Krabbengang bedeutet, dass kein Lagenwechsel ausgeführt wird. Der Vierte Finger z.B. bleibt liegen, alle anderen Finger gehen in die Höhe und der erste Finger setzt sich einen halben Ton unter den vierten. Hat der erste Finger seinen Halt gefunden, dann bleibt er auf dem Griffbrett und die Hand wird nach oben hin in eine ordentliche Position gebracht.
Allem voran wird sofort auf einen schönen Ton geachtet. Damit verbunden ist die richtige Bogengeschwindigkeit. Also: zunächst einmal für lange Zeit immer horizontal denken und mit grosser Bogengeschwindigkeit ( fast ) den ganzen Bogen ausnutzen.
Hier ein Bild dafür: auf der Autobahn fahren nicht die Trecker, sondern die schnellen Wagen. Der Feldweg befindet sich „ Ponticello „ in der Nähe des Steges. Hier lässt sich mit viel Gewicht und langsamer Bogengeschwindigkeit in Trecker-Geschwindigkeit ein guter Ton erzeugen.

Der Familienvater ist guter Dinge, auch wenn er mir diese Behauptungen noch nicht glaubt. Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Wir haben Freude an dieser Theorie weil wir so den meterdicken Etüden entkommen sind und freuen uns geradezu hämisch darüber und ebenfalls freuen wir uns über Musik, die auch nach vielen Jahren und Üben nicht ranzig wird.

Ach ja, wir haben auch schon die herkömmliche Daumenlage ( also den Oktavpunkt ) nach unten und oben verschoben. Schon in der ersten Stunde konnte dieser totale Neuanfänger in jeder beliebigen Tonart und Tonhöhe „ Alle meine Entchen „ spielen. Das dürfen normalerweise nur Weltmeister nach vielen Jahren – besser sollte ich schreiben: Alle meine Entchen in allen Tonarten , das können nur Weltmeister.
Mit der grandiosen „ Kapodaster-Technik „ geht das aber schon in der ersten Stunde. Das vermittelt Interessierten vielleicht einen Aspekt der neuen weiten und souveränen Aspekte der Rabbath-Technik auf dem Cello.

Ein Meister dieser Idee ist übrigens Fernando Grillo, ein italienischer Kontrabassist, der in seinen Kompositionen schon vor über 30 Jahren mit dem Einsatz des Daumens in den tiefsten Lagen sehr präzise und jederzeit wiederholbare künstliche Flageoletts hervorzaubern konnte.

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Michael Schneider versucht Bach !

Neue Musik von Bach bis Cage: Dieses Alphabet ist nicht sehr lang. Aber zwei Buchstaben reichen für ein Universum. Das Konzert ist Pauline Oliveros gewidmet. Freitag, den 24.2.2017 um 20 Uhr. Evangelische Bergkirche Schlierbach.

Johann Sebastian Bach die zweite Suite für Cello in d-moll. Soweit bekannt. Unbekannt ist das Ergebnis am kommenden Freitag, denn Paulina Tyszka ergänzt und erweitert mit ihren Gesangsimprovisationen das akustische Spektrum der Zuhörer. Die Klangkünstlerin Monika Golla hilft dann fleissig mit, “ Bach “ auseinander zu nehmen, ihre Rolle dabei ist die Büchse der Pandora. Wenn Sie damit nicht gleich etwas anfangen können dann lassen Sie sich überraschen. Unsere neue Sicht auf Bach stellt an diesem Abend nicht die Musik des Meisters infrage. Wir laden die Zuhörer ein, an unserer Spiel- und Experimentierfreude teilzunehmen.

Vor genau 25 komponierte John Cage das 6. seiner Zahlenstücke ( number pieces ) “ Four6 “ und schenkte es Pauline Oliveros zum Geburtstag. Pauline starb Ende letzten Jahres. Ihr widmen wir diesen Abend für Neue Musik.
Der vierte im Bunde ist Claus Rosenfelder mit seinem Saxophon.
Four6 ist ein Stück ohne Noten. Es gibt nur eine Zeitpartitur, die angibt, wann und wie lange jeder Spieler eines der von ihm selbst ausgesuchten Motive spielt. Die Wirkung auf die Zuhörer ist frappierend: Komponiert ? Improvisiert ? Eine Ordnung ist erkennbar, auch wenn das Ohr dieses scheinbare Durcheinander nicht gleich sortieren kann. Oder kommt der Verstand erst einmal nicht mit ? Streng und doch verspielt, geordnet und doch durcheinander scheint die Ordnung, die in den Zahlenstücken eindeutig nur an der Stoppuhr erkennbar scheint.

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RabbathTechnik – leicht und billig wie im Supermarkt ? Bei Michael Schneider gibt es das fast umsonst. Aber für Interessierte übernimmt er das Üben noch nicht. Warum sollten die Bassisten des Philharmonischen Orchesters Heidelberg diese Technik lernen?

Leicht – das ist die Rabbath Technik wenn man sie kann.
Das hat schon Karl Valentin erkannt: „ Wenn man es kann, dann ist es ja keine Kunst mehr. „
Diese Erkenntnis gilt auch für die dafür notwendige richtige Einrichtung des Instruments.
Flache Saitenlage mit entsprechend flacher Krümmung des Griffbrettes, weil mit der Rabbath Technik nicht mehr gearbeitet, bzw. gedrückt wird. Also kann man sich eine hohe Saitenlage ersparen. Wenn der Weg zwischen Saite und Griffbrett nicht weit ist, dann spart dies enorm Zeit. Denn beim Verlassen der Saite folgt sie dem Finger nicht so weit nach. Ich bin also im Umkehrschluss auch schneller auf dem Griffbrett als bei einer hohen, höheren Saitenlage.
Ausserdem klingt jede Saite viel schöner, wenn sie nicht zu sehr eingeknickt werden muss.

Dies alles war so bei meinem wunderbaren Fünfsaiter entsprechend eingerichtet, den der damalige Solobassist der Berliner Philharmoniker in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts seinem Sohn gekauft hat.
Nun war in den letzten Jahren bekannt, dass Michael Schneider einiges ganz anders macht als der deutsche Mainstream. Das Philharmonische Orchester Heidelberg hat diesen Bass nach meinem Ausscheiden vor einem Jahr gekauft.
Alles neu macht er Mai: neues Griffbrett, hohe Saitenlage, andere Saiten, anderer Saitenhalter, anderer Stachel und wer weiss was noch alles verändert wurde.
Ergebnis: niemand hat mehr Lust, auf diesem Bass zu spielen. Er klingt spröde und kratzig, antwortet nicht mehr auf Fragen. ( Das heisst auf Deutsch: es braucht viel Kraft bevor die Saite anspricht ). Die hohe Saitenlage tut ein Übriges, erfordert einen erhöhten Kraftaufwand.

Daraus folgt für Michael Schneider:
Die Rabbath Technik ist auch eine musikalische Überlebensphilosophie.
Will ich arbeiten wenn ich Musik machen will ?
Will ich mit Kraft spielen ?
Will ich einen kratzigen Ansatzton ?
Betrachte ich das Instrument als Bodybuilding Element, weil ich ja auf „ Arbeit „ bin?

Michael Schneider hat noch nie in seinem Leben gearbeitet.
Besser formuliert: nicht arbeiten wollen .
Ergo war ich immer auf der Suche nach Erleichterung, Verbesserung sowie Veränderung.
Diese Lebenseinstellung öffnet viele Sinne für neue Varianten gegen das Alte, das Starre und in der Musik Überkommene.
Kein Geiger würde auf einer Geige spielen, die soviel Widerstand bietet wie viele Saiten auf den Kontrabässen, die dann auch noch mit viel zu hoher Saitenlage eingerichtet sind.

Sommer 2016 nach einem Konzert in Berlin. Michael Schneider hat Bach auf dem Cello gespielt. Eine Frau aus dem Publikum muss es mit erzählen: „ Ich habe noch nie gehört, dass ein Cello so weich klingen kann.“

Das allgemeine menschliche Problem mit der Rabbath Technik ist, dass jemand sich infrage stellen muss, ob das bisher Gelernte das Optimum des Möglichen war. Oder ob er, um neue Kontinente zu entdecken, den alten aus den Augen verlieren muss.
Die Geschichte aus der Bibel mit dem Nadelöhr, die ist wohl noch bekannt. Warum sollte ein gestandener Bassist durchs Nadelöhr gehen, der doch mit Franz Simandl sehr gut versorgt wurde ?