Das Cello und das Nocturne Nr. 1 von Frédéric Burgmüller – gespielt von Salome Schneider im Querklang am 16. März 2018 um 20 Uhr in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach.

Fédéric Burgmüller, alias Friedrich wurde 1806 in Regensburg geboren, verbrachte seine Jugend in Düsseldorf, fühlte sich aber nach Frankreich hingezogen und es ist zu lesen, dass ihm 1842 die französische Staatsbürgerschaft verliehen wurde. Wikipedia verrät uns ausserdem, dass er nur leichte Klavierwerke komponiert hat, von denen besonders die Etüden für junge Pianisten ( 25 Etüden op. 100 ) noch heute geschätzt werden.
Auf der Suche nach Werken für Cello und Gitarre ist Michael Schneider bei Burgmüller fündig geworden: Trois Nocturnes pour Violoncelle et Guitare von Frédéric Burgmüller.

Das Nocturne Nr.1 ist ein Juwel der romantischen ( bis hin zur kitschigen ) Musik für diese Besetzung.
Besonders bemerkenswert ist die einfache Gitarrenbegleitung. Arpeggierte Akkorde auf der Gitarre begleiten die wunderschöne Melodie des schwelgenden Cellos.
Bemerkenswert ist dabei die tiefe leere E-Saite der Gitarre, die zu a-moll und A-Dur als Orgelton eingesetzt wird. Das kennen wir, also besonders Cellisten, aus der ersten Bachsuite G-Dur für Violoncello Solo. Quer durch die Kadenz strahlt unten die leere G-Saite als orgelnder Kontrapunkt durch. Und wir möchten uns garnicht vorstellen, wie langweilig-normal dieses Präludium ohne diesen bohrenden Grundton wäre.

Für das Programm unserer Trio Besetzung mit zwei Celli und einem Kontrabass ( und Continuo Gitarre ) haben wir das Nocturne in ein Trio verwandelt, der Kontrabass spielt die Basstöne der Gitarre orchestral verstärkend mit. Eine erstaunliche und sehr erfrischende Klangwelt tut sich für fünf Minuten auf. Ein strahlender – musikalischer – Diamant beginnt zu leuchten. Bei unseren Proben stürzten wir uns nach dieser Nr.1 Erfahrung auf die beiden weiteren Nocturnes und wussten sofort: Wir wollen dieses besondere Nocturne nicht abwerten, dieses kleine Glanzstück, dieser “ Wurf „, wie man so sagt, der muss für sich allein stehen, der wird nicht zugemüllt.

Salome Schneider

Walter Pfundstein – Michael Schneider

Das Cello – ist das Instrument des Jahres 2018. Michael Schneider widmet sich in diesem Jahr mit vielen Crossover Projekten diesem Instrument. Cello-hoch-drei am 16. März 2018 um 20 Uhr in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach.

Ein besonderer und seltener Gast ist die Solistin dieses Abends in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach: Salome Schneider, Violoncello.
Zur Zeit ist sie Mitglied im Bonner Beethoven Orchester. Insbesondere studiert sie gerade “ Echnaton “ von Philipp Glass ein, sowie demnächst die “ Soldaten “ von Bernd Alois Zimmermann. Beides Programme, die unendlich an den Sehnen zerren. Trotzdem , sie hat es sich nicht nehmen lassen, den Querklang des Monats März mit virtuoser Cello Musik in einen Abend des Wohlklangs zu verwandeln.
Vier Jahrhunderte Cello Literatur umspannt unsere Sicht auf das Instrument des Jahres 2018.

Selten ist die Sonate Nr 5 e-moll von Antonio Vivaldi in der Besetzung Cello-Gitarre zu hören. Die feine Akustik der Evangelischen Bergkirche Schlierbach lädt jedoch dazu ein, gibt dem intimen Charakter dieser Konstellation den akustisch-füllenden Rahmen.
Dann gibt es auch noch die Sonate G-Dur für Cello von Bernhard Romberg. Allgemein bekannt ist die Fassung für Cello und Klavier ( von Jansen ). Völlig unbekannt ist, dass das Original vom Komponisten als Trio verfasst wurde. Besetzung: Violoncello-Viola-Bass. In leichter Abwandlung übernimmt an diesem Abend Michael Schneider den Part der Viola auf dem Cello.
Lange bevor es Apokalyptica gab, lange bevor Bass und Cello Ensembles modern wurden, habe ich mit meinem Ensemble “ Bass muss sein “ Unisono-Konzerte kreiert. Der Kontrabassist und Komponist Hans Kunstovny, ehemaliger Solokontrabassist des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim erfand für seine Kammermusik die Besetzung mit zwei Celli und einem Kontrabass. Damit stand ihm, also auch dem Komponisten und Arrangeur Hans Kunstovny – ein enormer Klangraum von der tiefsten Tiefe bis in schwindelerregende Geigenhöhen zur Verfügung.

Der Komponist und Cellist Bernhard Romberg wird allgemein als Cello-Virtuose gepriesen. Das habe ich bisher nicht verstanden – bis ich Salome Schneider bei den Proben in unserer Triobesetzung erlebt habe. Ja, er war ein Virtuose. Leider wurde seine wunderbare Musik missbraucht. Wenn Heerscharen von Schülern diese Musik als Largo-Etüde spielen so gut es eben geht, dann zwingen sie meine Windhunde im Schleichgang über die Wiese zu kriechen. Die Eleganz dieser wunderbaren Tiere kommt aber erst bei ca. 70 km/h zum Tragen.
Und Salome Schneider hat dieses wichtige Drehmoment erkannt.

Das Ensemble:
Salome Schneider – Violoncello
Walter Pfundstein – Kontrabass
Michael Schneider – Violoncello, Gitarre

Die Perfektion der Unmöglichkeit. Workshops bei Michael Schneider. Der schnelle Weg, akademisch informiert die Praxis fliessend in den Griff zu bekommen.

Mein Freund Werner ist Klavierbauer.
Alles klar? Nein. Gut, dann etwas deutlicher was gleich glasklar einleuchtet.
Mein Freund Werner ist Klavierbauer, konnte aber kein Regal bauen.
Michael Schneider ist kein Klavierbauer, hat aber schon mit 17 Jahren Regale zusammen genagelt. Die Bretter hat er vorher mit einem Fuchsschwanz zurecht gesägt – besser: krumm gesägt.
( Inzwischen bin ich auch auf “ Klavierbauer “ umgestiegen und baue Möbel mit der Festool Dübelfräse. Die arbeitet so exakt wie Klavierbauer es nicht anders können ).
Die Perfektion hat meinen Freund daran gehindert, ein Regal jemals fertig zu stellen. Das ist eine Übertreibung, stimmt aber trotzdem.
Michael Schneider macht einfach. Irgendwas, z.B. Musik. Alle Kritik und Häme die mir begegnen, die können mir nichts anhaben.

“ Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit. “ ( S. Kierkegård ).

Mein Vater war auch Philosoph. Er hat mir immer wieder gesagt: “ Such dir bessere Mitstreiter, dann kannst du immer etwas lernen „.
Insofern gehe ich ganz entspannt damit hausieren, dass mich einige Kollegen als den schlechtesten Bassisten Deutschlands einstufen.
Richtig daran ist: Dann kann es bei mir immer nur bergauf gehen.
Das ist die Perfektion der Unmöglichkeit. Ich bin immer auf dem jeweiligen Stand des für mich Bestmöglichen.
Jetzt denken Sie an Voltaire: Candide ? Richtig. Wir leben in der besten aller möglichen Welten.
Sind Voltaire und Michael Schneider jetzt Illusionisten ?
Voltaire konnte seine Kritik nicht in Frankreich platzieren, also verlegte er die Geschichte nach Deutschland.
Michael Schneider hat irgendwie immer gewusst, dass die Sonne nicht immer scheint.

Aber jetzt geht die Sonne auf. Für alle die etwas in ihrer Musik verändern wollen.
Der normale oder auch besondere akademische Unterricht ist mir sehr vertraut. Alles musste an der Hochschule auf einmal zusammen kommen und am besten gleich perfekt. Da ist Michael Schneider überfordert.
Ein Mensch der nie eine Hochschule von innen gesehen hat – Francois Rabbath – hat mich gelehrt: es geht auch anders, freier und damit authentischer.
Kaum jemand hat verstanden, dass meine Schüler bei Vorspielen nicht so tun wollen, als wären sie Weltmeister, sondern wir öffnen ein Fenster und zeigen, wo sie gerade sind.
Das ist dann unsere Grosszügigkeit ( von Schüler und Lehrer ), wir gewähren einen Einblick. Der Anspruch, perfekt zu spielen, oder zu zu tun als ob das möglich wäre, der kann nur scheitern.

Play Bach – Paulina Tyszka – Michael Schneider

Querklang am Berghang, Evangelische Bergkirche am 2. Juni um 20 Uhr. Die Suiten I – III.
Musik zur Marktzeit am 3.6.2017 um 10.30 Uhr Stiftskirche Mosbach.
Die Cello Suiten Nr. 1 G-Dur und Nr. 3 C-Dur im Dialog mit Stimme und Violoncello.
Paulina Tyszka – Gesang, Michael Schneider – Violoncello

Als Pablo Casals die Cello Suiten von Johann Sebastian Bach 1890 in einem Antiquariat entdeckte, da ließ er sich zehn Jahre Zeit bevor er diese Werke zum ersten Mal öffentlich aufführte.
Der Kontrabass Virtuose Francois Rabbath beschäftigte sich 40 Jahre mit den Bach Suiten um sie in der originalen Tonlage auf dem Kontrabass zu spielen und entwickelte dafür eine ganz neue phänomenale Technik. Vor fünf Jahren veröffentlichte er dann eine CD mit allen sechs Cello Suiten.
Das Klassik-Jazz Trio von Jacques Louissier sollte 1959 im französischen Fernsehen live Musik von Bach spielen. Die Besetzung bestand aus Klavier, Kontrabass und Schlagzeug. Wie sollte man diese Musik nennen? Francois Rabbath kam auf die Idee und gab ihr den Namen: Play Bach.
Die Musik von Johann Sebastian Bach ist so lebendig geblieben, weil sie nicht auf eine Aufführungspraxis beschränkt oder fest gelegt ist. Es ist ein Phänomen, dass diese Musik sich besonders dazu eignet mit ihr und um sie herum zu spielen.
Das wurde Michael Schneider sofort klar, als er Paulina Tyszka in Darmstadt bei einem Konzert für neue Musik hörte. Besonders beeindruckend war für ihn die Improvisations Kunst dieser jungen Sängerin, bei der jede Wendung, jede neue Idee und jeder Impuls so selbstverständlich wirken, wie Neue Musik selten ist.

Neue Musik: manchmal, nein: oft anstrengend und bemüht mit einem Mangel an Leichtigkeit. Paulina Tyszka beherrscht die Kunst der Improvisation auf eine Art, die uns glauben lässt: so steht es geschrieben. In den Noten. Das, so etwas kann nicht frei erfunden sein. Und genau an diesem Punkt trifft die Moderne, die Neue Musik, die Avantgarde uns in das Herz, berührt uns dort, wo wir blockiert sind gegenüber dem Fremden und Unbekannten, dem überraschend Neuen.
Michael Schneider hat in Paulina Tyszka und seinem neuen ( Matthias ) Kohl Cello die Partner gefunden, die seiner Klangsprache adäquat antworten können. In diesem Konzert hilft die wunderbare Cello Musik von Johann Sebastian Bach dabei, diese Metamorphose in die Tat umzusetzen: die Musik von Bach wird durch die kongenialen Improvisationen dieser begnadeten Sängerin noch einmal in eine andere und völlig neue Dimension katapultiert.

Paulina 3
Paulina Tyszka

Mit dabei sind die wunderbaren Gold Label Saiten von Gerold Genssler, ohne die Michael Schneider diese Spielfreude für die Bachsuiten kaum erleben könnte.

Die „ Bachsuite „ von Olga Magidenko. Ein Jahrhundertwerk der Cello Literatur. Michael Schneider, der Solocellist schlägt sie schon für das Bundesverdienstkreuz vor. Konzert zu Ehren dieser mutigen Frau am 12. Mai 2017 um 20 Uhr im Querklang am Berghang.

Die Idee zu einem Vorwort zu jeder einzelnen Bachsuite, die stammt nicht von Michael Schneider.
Jean-Guihen Queyras hatte die Idee, für jede der sechs Cellosuiten von Johann Sebastian Bach einen Komponisten um ein musikalisches Vorwort zu bitten.
Michael Schneider wollte das kopieren. Er begann bei Uli Johannes Kieckbusch, der keine Zeit hatte.
Olga Magidenko setzte diese Anfrage sofort in die Tat um. Daraus entstand eine komplette Bachsuite, die auch diesen Namen trägt. Inspiriert, aber nicht kopiert nach der ersten Cello Suite.
Die Uraufführung steht noch aus.
Seit 2012 setzt sich Michael Schneider aktiv für die Kammermusik dieser genialen Komponistin ein. Kammermusikalisch gibt es viele Verehrer und Mitstreiter, die ohne Wenn-und-aber ihre Musik vertreten.
Alle Versuche, die Sinfonien dieser Komponistin beim Philharmonischen Orchester Heidelberg zur Aufführung zu bringen , die scheiterten an der bekannt-üblichen Arroganz der Theater: Anregungen von Musikern? Die können nicht gut sein. Bessere Ideen von anderen ? Das geht gegen den Egomanismus der Intendanten und Konzertdramaturgen. Der GMD hat dann auch noch ein Wort mit zu reden.

Olga Magidenko ist der vital-lebende Beweis einer authentisch modernen Musik. Intensiv, kraftvoll, so erlebt Michael Schneider ihre Musik. Das Schweigen des Publikums nach einer Aufführung ist der „ redselige „ Beweis der Treffsicherheit ihrer intensiven Musik.
Auf Youtube gibt es unter „ Olga Magidenko „ viele Zeugnisse ihrer musikalischen Kraft.
Aber Propheten gelten nichts im eigenen Land, das ist ist auch in Heidelberg nicht neu.
Solange aufsteigende Projekte nichts besseres haben, solange ist „ Örtliches „ gern gesehen. Wird es besser, teurer !!! und international, dann gibt es Qualität nur noch in der Welt, aber nicht mehr vor Ort. Der Heidelberger Frühling hat die Vernachlässigung zu diesem Theme wesentlich mit zu verantworten, trotz aller grossen Worte die anderes suggerieren.
Thorsten Schmidt ist inzwischen „ Intendant „ des Heidelberger Frühlings. Michael Schneider hat noch erlebt, wie er als Mitarbeiter des damaligen GMD Thomas Kalb plötzlich den „ Frühling „ übernommen hat. Das klingt nach Schach, bei dem einige Züge übersprungen werden. Eigentlich ein Grund zur Disqualifizierung. Aber Heidelberg ist dem Faschismus und der Vetternwirtschaft immer noch sehr verbunden.

Pheobe Killdeer, ein Treppengeländer, eine Mülltonne und ein Ehe ? -Ring als Perkussion. Simple Minded Power, Understatement als kreative Kraft. Das Fehlen der Wichtigkeit als Selbstwertgefühl.

Es ist nichts wesentlich Neues was Michael Schneider hier zu berichten hat. Aber dass “ Phoebe Killdeer and the Short Straws “ in ihrem Understatement noch weiter nach unten gehen – das ist für mich das faszinierend Aufregende daran – und ein Treppengeländer und eine Mülltonne als Perkussion einsetzen und dann noch mit einem Ring am Finger noch weiter reduzieren, das ist für mich totale Entspannung. Das ist für den Solokontrabassisten des Philharmonischen Orchesters Heidelberg eine Traumvorstellung wie sie in 35 Jahren in diesem Berufsorchester nur Felice Venanzoni herstellen konnte.

Phoebe Killdeer and the Short Straws

Die Souveränität des Loslassens ist eigentlich, nein, sie ist: Teil der Zen Philosophie. “ Zen in der Kunst des Bogenschiessens “ von Alfred Herrigel.
Diese Abhandlung, dieses Buch über die Suche nach dem West-Ost Verbindenden lehrt die Philosophie des Geschehen-Lasssens. Den Volltreffer ins Schwarze kannst du nicht erzwingen. Es geht nur über das Loslassen. Das will auch die Rabbath Technik vermitteln: Perfektion durch Entspannung. Sie lehrt auch den Weg zum Selbst und einem dauerhaften Glückshormon.
Rabbath und Zen stehen für das Lebensgefühl eines Virtuosen. Aber nicht in dem Sinn der Überheblichkeit über andere. Es geht nur um das eigene persönliche Lebensgefühl.

Falls Sie schon mal auf dieser Seite gestöbert haben: Was haben Sie gelesen ?
In jedem Satz das positive Glücksgefühl eines vom Leben reich beschenkten Musikers.

Phoebe Killdeer and the Short Straws – drogenmässiger Groove, perfektes Timing im Minimal Bereich. Michael Schneider – Anhänger der “ Faktor Feeling “ Bewegung.

Diese Band hat es drauf. In Chalon sur Saone habe ich auf dem Strassentheater Festival Gruppen gehört, die mit Pappkartons und Spülbürste eine perfekte Perkussion Abteilung präsentierten.
Und jetzt kommt Phoebe Killdeer mit einer Kuhglocke und einem Gitarrenkoffer als Rhythm Section bei den Berlin Sessions daher. Auf Youtube habe ich das entdeckt. Geht es einfacher, geht es provozierend einfacher ? Da klopft einer ab und zu auf den Gitarrenkoffer. Geht es noch “ cooler “ ? Der Gitarrist: ein Meister der Sparsamkeit, klingt nach amerikanischem Southern Sound mit südamerikanischer Kuhglocke und Gitarrenkoffer.
Rhythm is it. Mehr gibt es dazu kaum zu sagen. Der “ Feeling “ – Solokontrabassist des Philharmonischen Orchesters Heidelberg war 35 Jahre diesem Timing auf der Spur. Dann, nach 35 Jahren kommt diese Musik auf Youtube daher.

https://www.youtube.com/watch?v=nGEesJU92K8

Nehmen Sie das nicht zu ernst. Es kam schon oft vor. Aber dazu brauchte es gute Dirigenten und Musiker die bereit sind auch in der Klassik diesen groovigen Charakter der Musik auszuführen. Das lieben Klassiker nicht unbedingt. Die wissen, was sie gelernt haben. Und sie wollen das dann auch nicht ändern. Jedem Jazzer wird gesagt: bei einer Abweichung vom richtigen Timing ab 5 %: Such dir einen neuen Job. Die Klassiker sind aber quasi Musikbeamte, die suchen sich keinen neuen Job. Wovon rede ich ? Von meinen Kollegen in den vielen Orchestern.
Wer seinen Beruf zum Geldverdienen gewählt hat, der will arbeiten, seine Arbeit machen. Vom Faktor Feeling oder Rhythm is it: Das geht ihm dann einfach zu weit.

In diesem Youtube Video stehen die Musiker in der Gegend vom Schlesischen Tor in Berlin etwas herum, dann “ nuschelt “ einer wer sie sind. Dann geht es mit Rassel und Kuhglocke los. Nach fünf Takten setzt dann der “ Bass Drummer “ mit einem Faustschlag auf den Gitarrenkoffer ein. Alle zwei Takte.
Minimal Music pur. Diese sparsame Reduktion auf das Minimum und seine permanente Repetition: Das ist der Groove der Minimal Music von Philipp Glass.

Michael Schneider im Rote Insel Salon – Berlin – am 18.3.2016 mit Werken von Olga Magidenko, Frank Proto, Francois Rabbath und Uli Kieckbusch.

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Der Solokontrabassist Michael Schneider lässt es sich seit seinem Dienstantritt vor 35 Jahren in Heidelberg nicht nehmen, neben seiner Dienstbezeichnung auch tatsächlich als Solist aufzutreten. Das Ergebnis, die Erkenntnis dieser ausgiebigen solistischen Tätigkeit sind einige Werke, die immer wieder begeistert aufgenommen werden auch von Zuhörern, die mit Neuer Musik sowie mit moderner Kontrabass Musik nicht vertraut sind.
Das erste “ erfolgreiche “ Stück ist Kadenza von Teppo Hauta Aho. Nicht umsonst ist es so berühmt wie gern gespielt, auch wenn der Komponist es nicht mehr hören kann. Für Michael Schneider ist es immer noch vorrangig vor der “ Pieni Bassophantasia „.
“ Spagnolo “ für Kontrabass Solo von Olga Magidenko wurde von mir vor zwei Jahren aus der Taufe gehoben und heimst seitdem in vielen Konzerten begeisterte Erfolge ein. Bei aller Sprödigkeit mit vielen tiefen Tönen und Doppelgriffen in tiefen Lagen überragt es musikalisch wie spieltechnisch das so hoch bewertete “ Hommage à Bach “ von Zbinden, bei dem ich nie Spielfreude entdecken konnte. Dieses Stück bezeichne ich als anstrengend und sehr bemüht, irgendwie kopflastig. Aber ich betrachte mich auch weniger als Musiker denn als Musikant. Also liegt diese Kritik wohl eher in meinem Wesen als am Stück.
Ganz still im Raum wird es immer wieder, wenn ich den zweiten Satz aus der Kontrabass Sonate “ 1963 “ von Frank Proto Solo spiele. Wenn kein Pianist zur Verfügung steht, dann empfehle ich jedem Solisten diesen Satz Solo zu spielen. Ich habe immer wieder den Eindruck, dass diese wunderbaren Bebop Phrasen ohne das – störende – Klavier viel klarer und eindringlicher in die Gefühle der Zuhörer eindringen. Knisternde Stille im Raum animiert mich zu dieser Darstellung.
Seit ich die Kompositionen von Francois Rabbath spiele hat sich in meiner Musik und der Spiegelung durch das Publikum etwas radikal geändert: Da wundert sich niemand mehr darüber, warum ich so hoch spiele. Diese Musik vermittelt alles andere als den Eindruck, dass da einer versucht besser als die Cellisten zu spielen. Das ist einfach Musik vom, für den Kontrabass. Musikalisch glaubwürdig, authentisch sozusagen. ( Und als Geheimtip für neugierige und suchende Bassisten: Genssler Rabbath Saiten verwirklichen alle Träume die ihr Bassisten noch nie hattet. )
Und jetzt folgt noch Uli Kieckbusch: Freund und begnadeter Komponist, sowie Urgrossneffe von Johannes Brahms.
“ Tänka Pa Ko „, ein Blues der ihm in Finnland in den Sinn kam. Auch dies ein stilles Stück, das mein Publikum immer wieder noch stiller werden lässt.
Meine – spontane – Erkenntnis beim Schreiben in diesem Moment: Stücke, die einfach nur Musik sein wollen, die eine Geschichte erzählen, unprätentiös, also noch einmal : authentisch: die werden dankbar an- und aufgenommen. Das Gehirn versteht, wird aber nicht berührt. Darum haben wir das Wort: kopflastig.

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Kontrabass – 5-Saiter zu verkaufen. Er stammt von den Berliner Philharmonikern. Michael Schneider zieht sich vom Orchester zurück. Sein Bass wird verkauft, weil der in ein grosses Sinfonieorchester gehört.

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In den 1930er Jahren kaufte der damalige Solokontrabassist Herr Wilhelm von den Berliner Philharmonikern einen alten französischen Fünfsaiter, den er dann seinem Sohn vermachte, der ihn bis 1980 in der Stuttgarter Staatsoper spielte. Dann konnte Michael Schneider dieses phänomenale Instrument erwerben. Das Instrument ist heute ca 180 Jahre alt. Es zeichnet sich aus durch einen wunderschönen kräftig samtenen Ton. Seit einer Vibrationsentdämpfung in den achtziger Jahren spricht der Bass an wie ein Cello.
Mit Professor Doris Geller von der Mannheimer Musikhochschule haben wir im Flötentrio ( mit Kontrabass Besetzung ) viele Bässe ausprobiert. Frau Prof. Geller befand, dass dieser Bass der Berliner Philharmoniker das schnellste und klarste Instrument in der Ansprache ist, das wir kennen.

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Mein erster GMD, Herr Christian Süss sprang während einer Orchesterprobe plötzlich vom Dirigentenpult auf Michael Schneider zu, um den wahnsinnig schönen Ton meines Basses zu loben.
Bald darauf teilte mir ein Kollege von den Klarinetten, Heribert Eckert mit, dass es in seinem Nacken heftig zieht, wenn er vor mir, vor meinem Bass sitzend spielen muss.
Damals spielte ich noch Pirastro Saiten. Bei diesem Instrument ist es übrigens egal, welche Vorlieben der Spieler hat. Die Qualität lässt sich bei diesem Instrument durch nichts mindern.

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Eine weitere hervorragende Eigenschaft dieses Kontrabasses ist neben seiner Kraft, Klangschönheit, sowie der leichten Spielbarkeit, dass er sehr stabil ist. In 35 Jahren in Heidelberg mit dem ständigen Wechsel von Spielorten hat er nie geschwächelt, etwa durch Risse oder andere Macken. Zweimal war der Hals durch Fremdeinwirkung gelöst. Michael Schneider legt ihn seitdem nur auf dem Boden ab. Und vor allem durfte nie jemand anderes darauf spielen.

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Die Mensur lässt einen mit 113 cm vielleicht erschrecken. Ich habe mich daran sehr schnell gewöhnt. Ausserdem unterscheidet sich die Mensur so erheblich von kleineren Bässen, dass ich sagen kann, dass gerade der deutliche Unterschied zu meinem Viersaiter die Intonation sehr erleichtert. Als viel gravierender käme mir ein minimaler Unterschied zweier Instrumente vor.
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Der Bass hat eine klare D-Mensur. Der Rest erklärt sich dadurch von selbst.
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Das zweite Bachchor Konzert am 13. Dezember 2014 in der Heidelberger Peterskirche mit Felice Venanzoni und dem Philharmonischen Orchester Heidelberg sowie Michael Schneider und Georgi Berov an den improvisierenden Continuo Kontrabässen.

Wieder einmal staunte Michael Schneider, der Solo Kontrabassist des Philharmonischen Orchesters Heidelberg Bauklötze, als in diesem Konzert unter der Leitung von Felice Venanzoni so richtig die Post abging.
Anders lässt es sich nicht ausdrücken. Eigentlich stand vorne am Dirigentenpult die Rock Legende Mick Jagger ( als italienische Version ), zumindest von seinen agilen Bewegungen her betrachtet. Der Konzertmeister konnte an diesem Abend nicht umhin, sich diesem motivierenden Dirigat anzuschließen, er schäumte förmlich in einem wogenden Bewegungsorkan, selbstverständlich mit dem dazugehörigen musikalischen Ergebnis.
Und was war sonst noch los?
Schier unglaublich, unfassbar zumindest in diesem Konzert für Michael Schneider.
Die beiden Kontrabässe waren geteilt und sassen sich seitlich des Orchesters gegenüber.
Venanzoni hatte Michael Schneider zu Beginn der Proben darüber aufgeklärt, wie Barock Musik zu spielen ist. Die wichtigste Erkenntnis war: „ Spielen Sie nicht alles, nur die Hälfte und spielen Sie ansonsten was und wie Sie wollen. Machen Sie Musik, machen sie Jazz oder Rockmusik „.
Das liess sich Michael Schneider abends im Konzert nicht zweimal sagen und improvisierte fleissig drauflos. Dafür gab es nach dem Konzert noch nicht einmal Schimpfe vom Dirigenten, sondern genau das Gegenteil.
Aus diesem Wechselspiel der beiden Continuo Kontrabässe ergab sich des öfteren eine Zweistimmigkeit, beziehungsweise zwei-chörige Stimmentwicklung mit beeindruckenden Stereo, Echo und Kontrapunkt Effekten. Und das alles entstand aus dem spontanen Spielmoment.

Ein beeindruckender Abend und eine Demonstration vitalster Aufführungspraxis, die möglich wird, wenn vom Dirigenten solche inspirierenden Impulse kommen wie von Felice Venzanoni.