Michael Schneider – der schlechteste Bassist Deutschlands !

So stand es an meiner Tür in Aberdeen ca. Sommer 1977  während einer Fahrt des Schleswig-Holsteinischen Landesjugendorchesters zum Europäischen Jugendorchestertreffen. Das ist ein Wort zu dem ich heute noch stehe, denn dann kann es ja nur noch besser werden. Und ich hoffe, dass ich in diesem Leben noch so Bass spielen lerne wie ich es mir wünsche. Aber warum muss es gleich der “ schlechteste “ sein ? Weil ich zwar schon 27 Jahre alt war, aber trotzdem und besonders in der Klassischen Musik ein Anfänger. Die kleinen jungen Geigerlein waren verhältnismässig viel älter als ich, weil sie keine Anfänger mehr waren.  Was soll’s, ich war trotzdem dabei. Ich war auch nach einem weiteren Probespiel im sogenannten internationalen Jugendorchester unter Leitung von Bernhard Klee dabei. Schlecht, aber dabei. Das reicht doch. Mein heutiger Arbeitgeber, der Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg hat immerhin noch nicht bemerkt, dass der schlechteste Bassist Deutschlands im Philharmonischen Orchester Solokontrabassist ist.  Auf der Suche nach Verbesserung bin ich zwei Jahre zu Etienne Siebens nach Brüssel gefahren und dann sechs Jahre konsequent zu Francois Rabbath nach Paris auf der Suche nach Besserung, damit mir unser Oberbürgermeister nicht auf die Schliche kommt.

Aber: noch weitere Komplimente warten auf mich und den Leser. Ich hatte 1979 schon meinen Vertrag als Solokontrabassist in Heidelberg und habe einige Monate danach einen Versuch bei den Berliner Philharmonikern unternommen. Ich bin nicht dort, also hat es damals nicht geklappt. Sehen Sie das auch so ? Nach dem Probespiel rief ich einen der Solobassisten an und bat um Kritik – um daraus zu lernen.  Mir wurde klipp und klar mitgeteilt, dass auch für den Fall, dass er mir Unterricht gibt, bei mir Hopfen und Malz verloren wären und dass es sowieso keinen Zweck mit mir hätte. Klare Worte. Nur habe ich sie nicht geglaubt.

Wenn das Schlechteste gut genug für Heidelberg ist, dann kann es doch so schlecht nicht sein ? Wenn es jetzt humorvoll weitergehen soll, dann könnte ich noch in konsequenter Fortführung dieser Gedanken sagen, dass es in Heidelberg vier Solokontrabassisten gibt und einen Tutttisten: das ist der schlechteste Bassist Deutschlands. Ich lebe gut damit.

 

 

 

Kontrabass – Bogen : deutsche oder französische Bogenführung ?

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Drei Cellobögen für den Kontrabass – keine drei Chinesen

Eine der hundert wichtigsten Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts hat mich vor zwei Jahren gefragt, ob ich etwas gegen die deutsche Bogenhaltung hätte. Darauf konnte ich nur antworten, dass ich beides könne und dass mir meine Schüler leid tun, wenn sie bei Studienbeginn dann von der französischen auf die deutsche Bogenhaltung wechseln müssen, weil die Professoren eben nur die eine beherrschen.

Migration und ihr Hintergrund sind seit vielen Jahren ein wichtiges Thema besonders in Deutschland. Nur bei den Kontrabässen scheint in dieser Hinsicht die Zeit stehen geblieben zu sein. Integration und Innovation scheinen hier von retardierendem Denken dominiert. Da wird ein toller Bassist in Berlin in einem Orchester akzeptiert aber nur unter der Bedingung, dass er umsteigt und die sogenannte deutsche Bogenführung lernt. So wie er sich und seine Musik präsentiert hat reicht es also nicht, sie kann und darf nur toll sein, wenn er sich dem Mainstream anpasst und so spielt wie alle. Musikalisches Multikulti lässt also noch auf sich warten.

Gedankensprünge mit und ohne Konsequenz – was wir von Gerald Hüter lernen können.

Stell einem Höhlenmenschen einen Ferrari vor die Höhle – er wird ihn nicht sehen, weil es ihn nicht geben darf.  Erzählen Sie mir, dass Sie ab morgen im Urlaub sind. Sie fahren aber gar nicht weg und wir gehen in der Heidelberger Hauptstrasse aneinander vorbei. Sie können sich darauf verlassen, ich sehe Sie nicht weil Sie gar nicht in Heidelberg sein können.

In meiner frühen Jugend war jede Begegnung mit anderen Musikern eine gratis Unterrichtsstunde. Zeig mal, wie machst du das, warum kann ich das nicht, warum bin ich nicht selbst darauf gekommen. Meine Freunde mussten mir ihr Können auf Band spielen und ich habe es nachgeübt bis ich es auch konnte. Noten gab es dafür nicht. So habe ich es auch bei Francois Rabbath gehalten : solange nachgespielt, bis der ( heilige ) Geist seiner Musik in mich gefahren ist und ich dann meine eigenen Wege gehen konnte. Das habe ich schon in jungen Jahren von meinem Freund und Maler Hans Herbert Vollhardt gelernt. Er musste in seinem Kunststudium solange die Klassiker der Malerei kopieren, bis er so malen konnte wie sie. Nicht um Kunstfälscher zu werden, sondern um das Handwerk zu lernen. Learning bei doing also.

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So erhalte ich immer wieder Komplimente von aussen über meine Art, die Saitenlage und die Hohlkehle einzurichten. Würde so etwas mir begegnen – ich würde mich sofort an meine Jugend erinnern: wie machst du das, warum habe ich das nicht.

Das liegt vermutlich nicht nur an Gerald Hüter und dem menschlichen Gehirn, sondern auch an Lehrern die ihren Schülern klipp und klar vermitteln, dass man das so macht und nicht anders. Jeder Schüler vertraut seinem Lehrer, sonst wäre er nicht bei ihm.  Steht dann aber ein Ferrari vor der Höhle dann hat das menschliche Gehirn die Qual der Wahl : Bleibe ich meinem Lehrer treu und ignoriere den Ferrari – oder nehme ich den Ferrari wahr und stelle damit meinen Lehrer in Frage ?

Da haben wir das Dilemma des menschlichen Gehirns. Und das ist keine Frage der moralischen Bewertung sondern eine Tatsache die jeder in dem Buch von Gerald Hüter nachlesen kann: “ Gebrauchsanweisung für das menschliche Gehirn“

 

 

 

Walter Pfundstein im “ Querklang am Berghang “ am 22.2.2013 und sein eigenwilliges Gehirn

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Walter Pfundstein – Solobassist bei Tonart Heidelberg

arkestra convolt hat ein Cello und einen Bass. Aber auch Michael Schneider kann sich nicht zweiteilen, so gab es bisher immer nur ein entweder oder. An diesem Abend ging es aber plötzlich doch: Walter Pfundstein trug J.S.Bach mit seinem Fünfsaiter auf satten sonoren Klängen. Obwohl er ehemals als E-Bass Rocker sein musikalisches Unwesen trieb, hat er wohl aus dieser Zeit sich seine musikalische Frechheit bewahrt und mischte mit wie Till Eulenspiegel das Geschehen aufmischte: hier seht mal, ich mach das jetzt einfach so. Wir würden nicht so darüber schreiben, wenn dies nicht zu dem geführt hätte was wir bisher erlebt haben: ein begeistertes Publikum. Wir haben seit diesem Abend ein neues Attribut für diesen Musiker: Walter Pfundstein, ein Pfunds-Bassist. Wir und das Publikum haben ihn erlebt , als wäre er von Anfang an dabei gewesen. Wir haben es immer gewusst: Bach und Pfundstein, das sind Namen, die merken wir uns.

Aber dann kommt sein musikalischer Alltag: Solobassist beim Tonart Orchester Heidelberg. Das ist ein Solobassist, der seine Stimme vom ersten Tag an übt. Aber er macht es sich leicht, er hat ja die Rabbath Technik gelernt. Es geht aber nicht voran, manche Stellen wollen einfach nicht in seine Finger. Das ist dann der Moment wo ich als sein Berater Mozart ins Spiel bringe:

Manche Passagen gehen musikalisch sinnvoll nur auf die neue Art. Andere sind nicht zu verbessern und machen auf die neue Art keinen Sinn. Faszit und Botschaft in alle Welt: Wir sind eine grosse Community und brauchen jeden und grenzen niemand und nichts aus. Sprach Michael Schneider und schickte diesen Blog in den Äther.

Berliner Philharmoniker, Michael Schneider und was uns verbindet

In den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts war Herr Wilhelm Solokontrabassist der Berliner Philharmoniker. Er kaufte seinem Sohn einen alten IMG_0386französischen Kontrabass. Grosser Korpus, Flachboden und 113 cm Mensur. Sein Sohn wurde dann Bassist an der Stuttgarter Oper. Als Michael Schneider seine Stelle als Solokontrabassist im Philharmonischen Orchester Heidelberg bekam, wollte er auf einem guten Instrument seinen Spass haben, den ihm aber sein Dienstbass nicht bieten konnte.  Willi Beyer verwies ihn auf Herrn Wilhelm in Stuttgart, der seinen alten französischen Bass schon längere Zeit wie Sauerbier angeboten hatte, den aber niemand haben wollte wegen der 113 cm Mensur. Michael Schneider sah den Bass, wusste dass die Grösse des Basses nach seiner damaligen Spielweise Schmerzen in den Schultern bringen würde, aber der Charakter und der satte Bass Sound dieses Instruments liessen ihm keine andere Wahl. Und noch heute, 33 Jahre später ist es immer noch der „Bringer“ in allem was von mir und diesem Traumbass erwartet und verlangt wird. Inzwischen habe ich den Bass nach einer größeren Reparatur neu lackiert, der ehemals dunkle Lack ist heller geworden. Dieses Instrument ist heute ca 180 Jahre alt und klingt nicht nur im Orchester super sonor, sondern auch im Ensemble “ Tangoharmonika “ von Uli Kieckbusch entwickelt er auf der neuesten CD einen fulminanten Jazz-Groove-Sound der seinesgleichen sucht.

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Philippe Aerts, Richard Gaillano, der „Hawkes“ Kontrabass und die Lernfähigkeit

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Hawkes Bass von 1896

Wir schreiben das Jahr 2012 und es ist Heidelberger Frühling. Das Wetter ? Das auch, es gibt hier aber auch das internationale Festival Heidelberger Frühling. Der Bassist Philippe Aerts reist an mit Richard Gaillano aber ohne Kontrabass. Ich werde gefragt, ob ich ihm einen Bass für ein Konzert leihen könnte. Konnte ich. einen Hawkes Bass von 1896 bekam er. Zwei Stunden vor dem Konzert wurde ich angerufen und es wurde mir mitgeteilt, dass der Bassist total unzufrieden sei und auf dem Bass nicht spielen könne. Saitenlage zu flach, falsche Saiten (  Corelli ) und eine Saite würde beim Konzert bestimmt reissen. Ich frage herum bei Schülern, gebe es aber wieder auf, weil sie die gleiche flache Saitenlage spielen wie ihr Lehrer. Geigenbauer Kohl hat einen Pöllmann Bass mit hoher Saitenlage und mit  Thomastik Saiten bestückt. Genau das gewünschte Instrument von Philippe Aerts. Der Kontaktmann vom Heidelberger Frühling zieht los um den Bass abzuholen. Als er mit dem Bass in der Stadthalle erscheint hat sich Philippe Aerts jedoch mit dem Hawkes Bass angefreundet und will nichts anderes mehr. Wir haben das Konzert gehört und er hat sich auf diesem Instrument aufgeführt, als wäre er schon seit seinem 14. Lebensjahr damit vertraut.

Nach dem Konzert erhielt ich eine Nachricht in der mir Philippe Aerts seine Begeisterung über dieses Instrument mitteilte und den unglaublichen Sound dieses Basses bewunderte.IMG_0327

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Tschaikovsky hat auch schon für die Rabbath – Technik komponiert

Mazeppa, eine in Deutschland nahezu unbekannte Oper Tschaikovskys. Die Proben beginnen. Unleserliche, kleingedruckte und verschmierte Noten liegen auf dem Pult. Ich weigere mich innerlich etwas zu üben, das ich nur wegen der Unleserlichkeit üben müsste.

Aber ich habe bei Rabbath verstanden: Tonarten und Kreuze oder Erniedrigungen (ich rede von Vorzeichen ) spielen keine Rolle mehr, weil ich nur noch in Tonschritten denke. Also: Ganz- oder Halbton Schritt. Meistens lege ich dafür den Daumen auf die Höhe des D auf der G-Saite. Das ist bei Rabbath die dritte Lage. Und schon fühle ich mich zu Hause. Ich lese wie gesagt keine Tonarten mehr, sondern nur noch Tanabstände.

Wenn ich in der gewöhnlichen Lage Bb-Dur spiele und den ersten Finger auf der A-Saite auf das E ( den Daumen dann stumm auf das Eb/Dis), dann spiele ich dieser Position quasi Bb-Dur. Das betrifft die Fingersätze, die Greifschablone. Die Tonhöhe und damit die Tonart sind andere. Kommt dann wie bei diesem Beispiel Chromatik mit ins Spiel, so muss ich meine Lage nicht verlasssen, sonder spiele einfach mit einem Finger entsprechend zwei Töne.

So finde ich immer eine Greifschablone, die es mir einfach und bequem macht. Passt die Bb-Dur Schablone nicht, dann nehme ich das Greifmuster von A-Dur, oder wenn es mehr Sinn macht das von G-Dur. Und schon scheint sehr vieles auch bei Tschaikovsky wie komponiert für die dritte Lage nach Rabbath.

Phantasie und Wirklichkeit – bei Michael Schneider

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Meike Krautscheid – Michael Schneider

Dies ist die Vorstellung der Künstlerin Monika Harnischmacher, wie sie arkestra convolt sieht. Der Cellist und Kontrabassist Michael Schneider rechts in realer Aktion beim „Querklang am Berghang“ im Duo mit Meike Krautscheid. arkestra convolt hält den Holzschnitt der Künstlerin für ein interessantes Motiv für ein T-Shirt.